Mehr als Wählen gehen: Wie kann ich sonst noch mitbestimmen?

Du kannst auch auf vielen anderen Wegen am gesellschaftlichen oder politischen Leben teilnehmen:

Konsumverhalten

Du kannst deine Meinung wohl am einfachsten darüber ausdrücken, was du einkaufst. Du machst es fast jeden Tag und ob im Geschäft oder im Internet  ̶  dein Verhalten hat Einfluss. So drückst du Vorlieben aus und kannst politische Entscheidungen steuern. Das reicht bis hin zu Konsumboykotten gegen einzelne Länder, politische Regime oder Unternehmen, mit deren Entscheidungen du nicht einverstanden bist. Beispiele für politisch-motiviertes Konsumverhalten sind die zunehmende Ablehnung von Atomstrom, die Ablehnung des Kraftstoffs E10 oder die Boykottierung von BP-Tankstellen nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko im Jahr 2010. Wenn du nicht selbst den Wochenendeinkauf bezahlst, kannst du trotzdem deine Eltern auf bestimmte Produkte aufmerksam machen. Auch die Lebensmittel- und Bekleidungsindustrie reagiert empfindlich auf gesteuertes Konsumverhalten. Fleisch, Fisch oder Eier aus Massentierhaltung werden zunehmend abgelehnt und verstärkt Bioprodukte oder Erzeugnisse mit Fair-Trade-Label gefordert.

Flashmobs
Flashmobs werden gerade von Jugendlichen gerne zur Meinungsäußerung genutzt. Sie bezeichnen einen kurzen, scheinbar spontanen Menschenauflauf auf öffentlichen oder halböffentlichen Plätzen, bei denen sich die Teilnehmenden persönlich nicht kennen, aber alle das gleiche tun. Sie dauern in der Regel nicht länger als eine Stunde und sind häufig höchst kreativ. Politisch motivierte Flashmobs werden auch als Smartmobs bezeichnet. Die Organisation zu so einem Ereignis erfolgt fast ausschließlich über das Internet. Social Networks wie Facebook und Twitter helfen bei der Organisation der Veranstaltungen. Es wird aufgerufen, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem Ort einzufinden, um dort gegen einen Sachverhalt zu protestieren.

Demonstrationen
Sie sind ein Klassiker der politischen Meinungsäußerung. Du kannst an den vielfältigsten Formen teilnehmen. Es gibt kleinere Einzelaktionen, Massenproteste, Kundgebungen, Schweigemärsche, Mahnwachen, Menschenketten, Sitzstreiks oder -blockaden. Demonstrationen müssen angemeldet werden. Oft übernehmen Parteien, Gewerkschaften oder Vereine die Organisation. In Brandneburg finden zum Beispiel regelmäßig Demonstrationen gegen Rechtsextremismus statt und es gibt verschiedene erfolgreiche Projekte wie „Potsdam! bekennt Farbe“ und „Tolerantes Brandenburg“. Ihr könnt euch auf den Internetseiten des Landes oder des „Aktionsbündnis Brandenburg“ über die Veranstaltungen informieren.

Mitbestimmung in der Schule – Beteiligung über Gremien
In Brandenburg baut sich die Beteiligung in der Schule auf drei Säulen auf: Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte haben die Möglichkeit sich einzubringen und gemeinsam etwas zu bewegen. Die Mitwirkungsrechte sind vielfältig und im Schulgesetz verankert. Eine Möglichkeit bietet die Beteiligung über schulische Gremien. Auf der schulischen Ebene können sich Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte über die Mitarbeit in die Schulkonferenz einbringen. Das Prinzip der drei Säulen der Zusammenarbeit setzt sich auf der Kreisebene (in den Kreisschulbeiräten) und auf Landesebene (im Landesschulbeirat) fort.

Weiterführende Informationen:
http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/mitwirkung_brandenburg.html

Petitionen/ Unterschriftensammlungen/Volksbegehren
Eine Petition unterstützt häufig ein schriftlich formuliertes Anliegen oder eine Beschwerde an eine staatliche Stelle. Wenn du mit Maßnahmen oder Entscheidungen von Behörden des Landes nicht einverstanden bist, kannst du dich beispielsweise an den Petitionsausschuss des Landtages wenden. Der Ausschuss wird die Entscheidungen überprüfen und gegebenenfalls auf Änderungen hinwirken. Parteien benutzen Unterschriftenaktionen oft, um größere Nähe zur Bürgerschaft zu demonstrieren und der Regierung aussagekräftige Daten vorzulegen. Du kannst aber auch selber zu einem bestimmten Thema Unterschriften sammeln und in deiner Gemeinde oder im Landtag einreichen, um so auf ein Problem aufmerksam zu machen. Leider sind reine Unterschriftensammlungen auch nur eine, wenn auch ausdrucksstarke, Bündelung von Meinungen, die immer noch von der Wahrnehmung und dem Umsetzungswillen der Regierenden abhängig sind. Sie haben keinen rechtlichen Anspruch auf Anhörung. Rechtlich bindend werden Unterschriftenaktionen, wenn dadurch eine Volks- oder Bürgerinitiative und bei Erfolg ein Volks- oder Bürgerbegehren eingeleitet wird. Volksinitiativen und Volksbegehren betreffen die Landesebene, Bürgerinitiativen und Bürgerbegehren finden auf kommunaler Ebene statt. Um bei einer Initiative oder einem Begehren auf Landesebene eine gültige Unterschrift abzugeben, musst du allerdings 18 Jahre alt sein. Ausnahmen gibt es nur, sofern der Gegenstand der Initiative vornehmlich Jugendliche betrifft. Dann dürfen auch Jugendliche ab 16 Jahren teilnehmen. Bei Bürgerinitiativen und Bürgerbegehren darfst du ab dem 16. Lebensjahr unterschreiben.

Weiterführende Links:
http://www.landtag.brandenburg.de/de/mitgestalten/petitionen/396871
http://www.politische-bildung-brandenburg.de/themen/politische-teilhabe/direkte-demokratie/volksabstimmungen

Bürgerforen
Bürgerforen laden Bürger*innen zur aktiven Diskussion ein und zwar auch die jüngeren. Auftraggeber sind politische Institutionen, Parteien oder Verbände. Es gibt sie auf kommunaler, Bundes- und Europaebene. Zu einem Thema werden Gedanken, Meinungen, Aspekte, Fragen oder Probleme gesammelt, die in weiteren Schritten der Öffentlichkeit präsentiert werden. Dadurch erschließt sich die große Breite und Tiefe des Themas aus der Sicht aller Teilnehmenden. Ziel solcher Initiativen ist es, Menschen jeden Alters am politischen Willensbildungsprozess zu beteiligen, sie für politisches Engagement zu motivieren und ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen. Nach der Ideensammlung werden für die anstehenden Aufgaben Arbeitsschritte geplant und Verantwortlichkeiten festgelegt. Für sich anbahnende Konflikte werden Lösungen gesucht. Themen sind häufig Bildung, Demografie, Demokratie und Beteiligung, Familiäre Lebensformen, Integration sowie Solidarität und Gerechtigkeit. Also alles Themen, die euch auch betreffen!

Bürgerhaushalte
Ihr entscheidet dabei selbst über einen Teil des Haushaltes der Kommune. Ihr könnt also Vorschläge einbringen, wofür die Stadt eurer Meinung nach Geld ausgeben sollte. Zum Beispiel für Sportstätten, Jugendclubs oder Bildungsangebote. Bürgerhaushalte sind relativ neu. Ziel ist es, Korruption zu vermeiden, die Bevölkerung stärker an kommunalen Entscheidungsprozessen zu beteiligen, der Verschwendung von Steuergeldern entgegenzuwirken und auch weniger gut vertretene Bürger*innen aus einkommensschwächeren Stadtteilen einzubeziehen. Gemeindepolitik soll gerechter werden. Über die Verwendung der zur Verfügung stehenden Mittel, verständigt sich die Bürgerschaft dabei in verschiedenen Prozessabschnitten selbstständig. Die Abläufe sind in jeder Gemeinde individuell festgelegt. Generell läuft ein Bürgerhaushalt in folgenden Schritten ab: 1. Vorschlagssammlung (kann über das Internet, telefonisch und schriftlich erfolgen), 2. Priorisierung, 3. Sortierung, 4. Votierung, 5. Übergabe an die Gemeindevertreter, 6. Beschluss, 7. Umsetzung und 8. Rechenschaft. Zwischen den einzelnen Schritten finden immer wieder Beratungen und Diskussionen statt. In Potsdam darf jede*r Vorschläge zum Bürgerhaushalt einbringen. Wenn du 14 Jahre oder älter bist, kannst du über die Projekte abstimmen.

Weiterführende Links:
https://www.politische-bildung-brandenburg.de/lexikon/b%C3%BCrgerhaushalt
https://www.politische-bildung-brandenburg.de/themen/jugend-und-politik