Das Wahlrecht ist abzulehnen, da die Verantwortlichen „politisch unreif“, „emotional instabil“ und „desinteressiert“ wären oder sogar vor den schmutzigen Machenschaften politischer Betätigung geschützt werden müssten. Nein – die Rede ist hier einmal nicht von Jugendlichen – alle diese Einwände wurden lange genutzt, um Frauen von der Wahlurne fernzuhalten. Und es sind Argumente, die nicht wenigen von uns nur allzu bekannt vorkommen. Aber halten diese emotionalen Behauptungen einer empirischen Überprüfung wirklich stand, oder handelt es sich um Vorurteile, die durch die Praxis widerlegt werden können? 2012 hat die Universität Wien eine wissenschaftliche Studie veröffentlicht, die genau diese Fragen untersucht hat.
Um wissenschaftlich fundierte Ergebnisse zu erhalten, haben die drei Autor_innen die Daten einer breit gefächerten Umfrage ausgewertet, die kurz vor den Wahlen zum Europäischen Parlament durchgeführt wurde – einer der ersten Urnengänge, an denen auch Jugendliche teilnehmen durften. Besondere Aufmerksamkeit wurde auf drei Behauptungen gelegt:
- Jugendliche unter 18 Jahren sind nicht in der Lage, an politischen Prozessen teilzunehmen.
- Sie sind weniger motiviert, sich an Wahlen zu beteiligen.
- Die Qualität ihrer Wahlentscheidung liegt unter der von älteren Wählern.
Die Ergebnisse sind eindeutig. Alle drei Thesen werden von der Studie widerlegt, obwohl eine tendenziell geringere Wahlbeteiligung der Jugendlichen festgestellt wurde. Diese ist jedoch weder auf Desinteresse noch auf eine Entfremdung von der Politik zurückzuführen. In der Qualität zeigte sich ebenfalls keine signifikante Abweichung von der älteren Vergleichsgruppe der Wähler_innen über 31. Wir hoffen deshalb, dass in mittelfristiger Zukunft unsere derzeitige Diskussion ebenso belächelt wird, wie jene um das Frauenwahlrecht heute. Die vollständige Studie gibt es kostenfrei unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4020373/ (englisch).