Jugendliche ab 16 dürfen in den meisten Bundesländern bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben.
Mit dem Wahlalter 16 beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht im Juni 2018 und verhandelte eine Klage von Bürger*innen der Stadt Heidelberg, die anlässlich einer Gemeinderatswahl angezeigt hatten, dass das Wahlrecht für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren gegen das Grundgesetz und die Landesverfassung verstoße.
Jugendliche ab 16 dürfen in den meisten Bundesländern bei Kommunalwahlen ihre Stimme abgeben.
Mit dem Wahlalter 16 beschäftigte sich das Bundesverwaltungsgericht im Juni 2018 und verhandelte eine Klage von Bürger*innen der Stadt Heidelberg, die anlässlich einer Gemeinderatswahl angezeigt hatten, dass das Wahlrecht für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren gegen das Grundgesetz und die Landesverfassung verstoße. Das Bundesverwaltungsgericht bekräftigte nun im Revisionsverfahren das Urteil aus Baden-Württemberg und stellte fest: Jugendliche dürfen ab 16 Wählen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Absenkung des Wahlalters mit dem Grundgesetz und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar sei. Das Wahlrecht für Minderjährige verstoße insbesondere nicht gegen das Demokratieprinzip.
Das Verfassungsgericht in Thüringen ist ebenfalls der Auffassung, dass die Landesparlamente über die Festlegung des Wahlalters bei Kommunalwahlen entscheiden können. Es besteht demnach ein gesetzgeberischer Spielraum, stellten die Richter ebenfalls im Juni fest. Ein endgültiges Urteil soll in Thüringen im Herbst 2018 fallen.
Argumente für ein Wahlalter ab 14
Der Deutsche Bundesjugendring und das Deutsche Kinderhilfswerk fordern die Absenkung des aktiven Wahlalters auf 14 Jahre für alle Wahlen sowie für Bürger*innenentscheide oder -begehren und bekräftigten, dafür gäbe es gute Argumente:
- Die Grundsätze der allgemeinen und gleichen Wahl (Artikel 38 Absatz 1 Grundgesetz) sprechen für das Wahlrecht ohne Altersgrenze.
Das Wahlrecht ist ein Recht, das allen Bürger*in unabhängig davon zusteht, ob es tatsächlich ausgeübt wird oder nicht. Altersgrenzen sind daher willkürlich. Sonstige rechtliche Altersgrenzen dienen überwiegend dem Schutz Minderjähriger. Das Wahlrecht ist weder gesundheits- noch entwicklungsgefährdend, junge Menschen müssen also nicht davor geschützt werden. - Eine Herabsetzung des Wahlalters kann langfristig die Gesamtwahlbeteiligung steigern. Die Zeit um die Vollendung des 18. Lebensjahres ist bei den meisten jungen Menschen eine Zeit großer Umbrüche. Mit jüngeren Jahren – mit 16 oder 14 – am bekannten Wohnort steigt die Wahrscheinlichkeit, auch wählen zu gehen. Eine Herabsetzung des Wahlalters ermöglicht somit für mehr Erstwähler*innen mitzumachen statt nur zuzuschauen. Mitmachen erzeugt und fördert wiederum das eigene politische Interesse, etabliert und festigt frühzeitig ihre Wahlgewohnheit.
- Kinder und Jugendliche werden nur dann wirklich beteiligt, wenn sie selbst eine eigene und höchstpersönliche Stimme bekommen. Das Wahlrecht ist zu Recht ein höchstpersönliches Recht. Ein Stellvertreterwahlrecht (für Eltern oder Familien) ist kein Ersatz für die eigene Meinungsäußerung. Dies gilt auch bei Wahlen und Abstimmungen. Es ist das wichtigste Kriterium für wirkliche Partizipation und Beteiligung, dass die Interessen und Forderungen von Kindern und Jugendlichen auch von diesen selbst formuliert werden oder sie ihre Interessenvertreter*innen selber bestimmen, wie es in Selbstorganisationen junger Menschen (Jugendverbänden) passiert oder eben gerade durch den Wahlakt an sich.
- Die Senkung des Wahlalters wäre ein klares Signal an junge Menschen, dass nicht nur ihre Pflichten und Verantwortlichkeiten sowie die an sie gestellten Erwartungen zunehmen, sondern auch ihre Rechte. Die stärkere Beteiligung junger Menschen an den gesellschaftlichen und politischen Entscheidungsprozessen ist erklärtes Ziel von Politik und Gesellschaft und ein wesentlicher Bestandteil politischer Bildung. Die Anerkennung und rechtliche Verankerung eines Wahlrechts für Jugendliche (mindestens) ab 14 Jahren wäre die Gewährung eines der bedeutendsten politischen Gestaltungsrechte in unserer Demokratie.
- Entscheidungen, die heute getroffen werden und oft irreversibel sind, betreffen nicht selten die junge Generation direkt. Mit ihren Auswirkungen müssen junge Menschen lange Zeit leben.
- Kinder- und jugendgerechte Beteiligung muss frühzeitig beginnen. Bereits Kinder müssen an sie betreffenden politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen teilhaben können. Mit zunehmendem Alter und wachsender persönlicher Reife muss der Grad der Beteiligung steigen, um junge Menschen so kontinuierlich in die demokratischen Prozesse zu integrieren. Dazu gehören auch Wahlen ab einem Alter, in dem sich junge Menschen dafür interessieren und aktiv werden wollen – häufig ab 14 Jahren.
- Das Recht der Jugendlichen zu wählen würde sich positiv auf die Politik auswirken. Politiker*innen würden die Jugendlichen als potenzielle Wähler*innen verstärkt ernst nehmen und deshalb die Interessen der Jugendlichen besser vertreten.
- Partizipationsrechte stehen Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrem Alter zu. So hat die UN-Kinderrechtskonvention in Artikel 12 Absatz 1 folgendes festgelegt: „Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.“
- Auch Minderjährige verfolgen gesellschaftliche Prozesse aufmerksam und engagieren sich gesellschaftlich. Das belegen Jugendstudien schon länger. Viele fühlen sich jedoch nicht von den politischen Parteien vertreten. Hier kann ein Wahlrecht für Jugendliche einiges zu einer veränderten Wahrnehmung beitragen. Eine Absenkung des Wahlalters muss aber auch dazu führen, dass sich Schulen sowie die Träger der freien und öffentlichen Jugendhilfe verstärkt diesem Themenfeld öffnen. So wie Mitwirkungsinitiativen vor allem dort funktionieren, wo es eine Begleitung durch Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe gibt, sollte ein Wahlrecht für Jugendliche zu einer Kultur der Demokratieerziehung führen, durch die die Legitimation unseres demokratischen Systems nachhaltig gestärkt wird. Eine Absenkung des Wahlalters muss zur Folge haben, dass Partizipation in der politischen Praxis vor Ort zum altersgemäß konkret erlebbaren Bestandteil der politischen Kultur wird. Dazu haben vor allem Familie und Schule, aber auch Wohlfahrtsverbände, kirchliche und gewerkschaftliche Gruppen, Freizeiteinrichtungen und die Jugendverbände entscheidend beizutragen.
- Für das Wahlalter schon ab 14 spricht, dass auch andere gesetzlich festgelegte Rechte und Pflichten mit 14 beginnen. Mit 14 Jahren dürfen Kinder Mitglied einer Partei werden, ihre Religion wählen oder sind eigeschränkt strafmündig. Offenbar wird 14-Jährigen bereits viel Eigenverantwortung zugetraut, was auch für die Fähigkeit spricht, eine Wahlentscheidung zu treffen.
Quellen: Deutscher Bundesjugendring, Deutsches Kinderhilfswerk, Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe