Das freiLand ist ein großes Jugend- und Soziokulturzentrum in Potsdam. Neben einer besonderen Vielfalt an Veranstaltungen und Projekten für Kinder und Jugendliche bietet die Einrichtung vor allem eine Plattform für Diskussion und Bildung. Achim Trautvetter, Geschäftsführer der Cultus-Betriebsgesellschaft, berichtet im Interview über das Projekt freiLand.
Das freiLand ist ein großes Jugend- und Soziokulturzentrum in Potsdam. Neben einer besonderen Vielfalt an Veranstaltungen und Projekten für Kinder und Jugendliche bietet die Einrichtung vor allem eine Plattform für Diskussion und Bildung. Achim Trautvetter, Geschäftsführer der Cultus-Betriebsgesellschaft, berichtet im Interview über das Projekt freiLand.
Wie ist das freiLand entstanden?
Achim Trautvetter: „Es fing alles damit an, dass im April 2008 der Spartacus in der Schloßstraße 13 als großer jugendkultureller Veranstaltungsort zugemacht hat. Dann kam alles Schlag auf Schlag. Das Archiv musste aufgrund von Baumängeln seine Bandproberäume schließen und es gab die Insolvenzen der großen soziokulturellen Zentren. Plötzlich schien es so, als würde die Jugendsoziokultur der Stadt komplett in sich zusammenbrechen. Es tauchten viele Problemfelder auf, die zuvor niemand richtig registriert hatte. Die Menschen gingen zum Demonstrieren auf die Straße, Häuser wurden für mehrere Tage besetzt und es gab die Beteiligung der Jugendlichen in den Gremien. Letztendlich führten die Aktionen dazu, dass dieses Thema über mehrere Jahre permanent in der Öffentlichkeit diskutiert wurde. Von der Stadt und speziell der Stadtverwaltung kam dann irgendwann auch ein Signal, um eine Lösung für die ganze Problematik zu finden. Mit dem Arbeitskreis Alternative Jugendkultur Potsdam (AJKP) haben wir gemeinsam ein Programm erarbeitet, um mehr Raum für selbstverwaltete Jugendkultur zu schaffen. Die Stadtwerke stellten uns das Gelände der Wasserbetriebe in der Friedrich-Engels-Straße 22 zur Verfügung. Nach langen politischen und finanziellen Prozessen ist das freiLand nun seit Mai 2011 Wirklichkeit. Die Einrichtung kann zwar nicht alle bestehenden Defizite auf einmal lösen, aber es wurden dadurch diverse Probleme aufgefangen.“
Wie hat sich das freiLand nach seiner Gründung weiterentwickelt?
Achim Trautvetter: „Für das Gelände des freiLands gab es eine Konzeption, wie die erste Ausbaustufe aussehen sollte. Dies beinhaltete einen funktionstüchtigen Spartacus und Jugendklub. Ursprünglich war der Spartacus eine Baracke mit lauter Büroräumen. Es wurde Baumaterial eingekauft und aufgrund von baurechtlichen Anforderungen für bestimmte Arbeiten verschiedene Firmen engagiert. Alle weiteren Ausführungen, die für die Gewährleistung nicht versicherungsrelevant waren, wurden in Eigenleistung erbracht. Von den Gräben für die Stromversorgung über das Einreißen der Mauern, Abdecken des Daches, Verputzen und Streichen der Wände bis hin zur Fußbodenversieglung wurden die Arbeiten von den Jugendlichen selbst übernommen. Die restlichen Häuser auf dem Gelände mussten dann komplett in Eigenleistung umgebaut werden, was in den letzten Monaten angefangen hat. Da es keine Ausstattungsförderung gab, haben wir das Gelände sozusagen nackt bekommen. Das freiLand ist schon ein spezielles Projekt, weil wir uns alles, was es hier gibt, „zusammengebettelt“ haben. Durch Spendenaktionen und mehrere Veranstaltungen konnten wir gemeinsam mit den Jugendlichen Sachmittel und Geld einwerben, um die Seminarräume und Büros auszubauen und mit Möbeln auszustatten. In den letzten zwei Jahren wurden sehr viele kreative Wege in der Ausstattungsbeschaffung ausprobiert und es hat auch gut funktioniert.“
Welche Projekte sind im freiLand zu finden?
Achim Trautvetter: „Als das freiLand damals an den Start gebracht wurde, haben wir uns intensiv überlegt, wie es hier zukünftig aussehen soll. Wir als Cultus UG und Träger des Projektes hätten eigentlich eine hierarchische Organisationsstruktur drauflegen können. Dann wären wir dem ganzen Prozess in den letzten 3 Jahren jedoch überhaupt nicht gerecht geworden. Die Entscheidungen, die das freiLand betreffen, werden daher basisdemokratisch und gemeinsam im Rahmen eines sogenannten Nutzerplenums getroffen. Das bedeutet, dass jedes Projekt, welches hier neu einsteigt, auch automatisch gleichberechtigter Nutzer/in vom Nutzerplenum ist und mitentscheiden kann, wie sich das freiLand weiterentwickelt. Wir haben hier bereits eine ziemlich bunte Mischung an Projekten erreicht. Angefangen mit dem Spartacus und Jugendklub sind eine Vielzahl an Bereichen wie Graffiti-Wände, Siebdruckwerkstatt, Atelier mit Kunst- und Zeichenkursen, Näh- und Glasstudio, Theater- und Sportraumgruppen sowie mehrere Büros von Technikvermietung bis Webdesign nachgekommen. Aber auch die Sozialistische Jugend „Die Falken“ und die Fachstelle „Chill out e.V.“ haben im freiLand ihre Büros. Es gibt hier auf dem Gelände also keine klar definierte Zielgruppe im Sinne eines bestimmten Genres. Grundsätzlich ist das Gelände für jeden offen und ermöglicht eine Vielzahl an Projekten für unterschiedliche Interessen und Altersstufen.“
Wie können sich die Jugendlichen an den Projekten beteiligen?
Achim Trautvetter: „Die Projekte und Workshops, ausgenommen vom Jugendklub, werden fast ausschließlich in Eigeninitiative von den Jugendlichen durchgeführt. Es gibt unter anderem eine Foodcoop von jungen Leuten, die sich selber organisieren und bei regionalen Anbietern einkaufen. Momentan haben wir hier ungefähr 10 bis 12 junge Bands, die damit begonnen haben, die Bandproberäume zu planen und dann ausbauen wollen. Auch die Sache mit dem Atelier haben wir uns nicht ausgedacht. Da haben uns die Jugendlichen gefragt, ob wir einen Raum für ein Atelier haben, wo verschiedene Zeichenprojekte, Ausstellungen und Veranstaltungen stattfinden können. Nun hängen mittlerweile 20 bis 30 junge Leute in diesem Projekt drin. Wenn man ein Projekt oder eine Veranstaltung machen will, dann kann man einfach bei Dirk Harder oder mir anfragen und wir gucken, ob es schon ein ähnliches Projekt gibt und wie man die Jugendlichen zusammenbringen kann. Gibt es so etwas noch nicht, dann können sich die Leute beim nächsten Nutzerplenum vorstellen und wir schauen, ob sich die Idee auf dem Gelände realisieren lässt. In unserer Arbeit verstehen wir uns selber so ein bisschen, wie die Hausmeister des freiLands. Wir beraten die Jugendlichen in rechtlichen und finanziellen Belangen, helfen Anträge zu stellen, sind Ansprechpartner für die Absprachen von Bausachen sowie übernehmen die Raum- und Sicherheitsverwaltung. Ansonsten finden die Projekte in Selbstverwaltung statt und die einzelnen Gruppen haben ihre eigenen Strukturen.“
Was ist zukünftig im freiLand geplant?
Achim Trautvetter: „Wenn wir so zurückblicken, hat sich auf dem Gelände des freiLands einiges getan und es sind unglaublich viele Projekte entstanden. Zudem fanden angefangen von der Eröffnungsfeier im Mai über das Ultrash Festival, Hip Hop ’n‘ Youthculture Festival, Siempre Antifascista Festival bis hin zum Winter Open Air mehrere erfolgreiche Veranstaltungen auf dem Gelände statt. Auch für dieses Jahr wurden schon wieder recht viele Festivals angefragt. In Kooperation mit der Universität Potsdam und der Fachhochschule wird das Hochschul-Sommerfest im freiLand stattfinden. Ansonsten müssen wir mal gucken, ob wir natürlich das einjährige Bestehen des freiLands mit einem kleinen Festival feiern und was da noch so kommt. Wir haben hier übrigens auch eine Urban Gardening-Gruppe, die letztes Jahr angefangen hat, auf dem Gelände erste Bäume und Sträucher zu pflanzen sowie Erdbeerbeete anzulegen. Sie wollen dann natürlich im Frühjahr mit ihrer Arbeit weitermachen. Ich bin sehr gespannt und freue mich schon auf den Sommer, denn ich denke, dass das Gelände eine wirklich angenehme Aufenthaltsqualität bietet und auf uns gemeinsam mit den Jugendlichen viele neue Herausforderungen warten.“
Informationen, Beratung und Hilfestellung zum Thema Kultur- und Freizeitzentrum freiLand erhaltet Ihr unter: www.freiland-potsdam.de